Verantwortung
Moderne Technik kann eine Veranstaltung zu einem unvergesslichen Event machen, kann bei einer Produktpräsentation die Aussage unterstreichen oder bei Großveranstaltungen einen Redner überhaupt erst verständlich machen. Sie kann aber –falsch eingesetzt- auch eine Gefährdung des Publikums, der Beschäftigten und der Künstler sein. Leistungsstarke Bühnenscheinwerfer können durch ihre Wärmeentwicklung einen Brand auslösen, unterdimensionierte Bühnenkonstruktionen können zusammenbrechen, falsch eingesetzte Lautsprecheranlagen können Gehörschäden verursachen.
Der Veranstalter hat hier nicht nur die moralische Verpflichtung, sein Publikum und seine Beschäftigten vor Schäden zu schützen, er hat auch die juristische Verpflichtung (DIN15750) – und wenn er sich nicht geeigneter Erfüllungsgehilfen bedient, trägt er sogar die alleinige Verantwortung.
Die Juristen sprechen hier von einer Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters. Dieser kann diese Verkehrssicherungspflicht zwar an Dritte (beispielsweise einen Technischen Leiter) übertragen, muss sich aber davon überzeugen, dass dieser Dritte die Fähigkeit, Eignung und Zuverlässigkeit besitzt, die zur Erfüllung der übernommenen Aufgaben erforderlich ist.
Gerade im Bereich der Disco-, Party- und Live-Veranstaltungen ist es immer wieder zu beobachten, dass die technische Ausstattung von Firmen stammt, deren Inhaber oder Mitarbeiter keine ausreichende Ausbildung oder Qualifikation und nur wenig Erfahrung haben. Es ist in der einschlägigen Rechtssprechung unstrittig, dass hier der Veranstalter nicht nur in vollem Umfang selbst verantwortlich ist, sondern im Regelfall auch grob fahrlässig handelt, wodurch er von seiner Haftpflichtversicherung regresspflichtig gemacht werden kann. Im Sinne des Schutzes des Publikums und der Beschäftigten, aber auch im Hinblick auf die Haftungsfrage raten wir allen Veranstaltern dringend, bei der Auswahl Ihrer technischen Dienstleister die nötige Sorgfalt walten zu lassen. (Auswahlverantwortung)
Dies mag zunächst unbequem, lästig und meist auch etwas teurer sein, zahlt sich aber auf Dauer immer aus.
Einige Beispiele
Bedauerlicherweise findet man in der Praxis immer wieder Konstruktionen, die ohne Sachverstand und entgegen geltender Vorschriften gebaut werden. Die hier angeführten Beispiele sind nur eine kleine Auswahl von dem, was man beachten muss.
Windlasten
Aufbauten außerhalb von Gebäuden sind so zu konstruieren und zu bemessen, dass sie den zu erwartenden Windlasten standhalten, siehe DIN 1055 und EN13814 (vorher-DIN 4112). Dabei sind statische Nachweise gegen Kippen, Weggleiten und Abheben zu führen. (Standsicherheitsnachweis bzw. Baubuch)
Oft wird hier übersehen, dass Windlasten nicht nur bei Zelten oder Bühnen ein Problem sind, sondern auch bei Konstruktionen, die auf den ersten Blick völlig harmlos aussehen. z.B. einzelne Scheinwerfer oder Lautsprecher auf einem Traversenlift.
Bühnensysteme die nach der alten DIN4112 berechnet wurden werden bei der Verlängerung der Ausführungsgehmigung nach neuen Richtlinien geprüft. Es sind Änderungen im Baubuch zu erwarten!
Statische Nachweise
Komplexere Aufbauten innerhalb geschlossener Gebäude bedürfen ebenfalls einer geprüften Statik. Im Fachjargon spricht man von einem Standsicherheitsnachweis. Dieser muss für alle Konstruktionen geführt werden.
Absturzsicherungen VS Geländer (VStättV)
Podestflächen müssen, wenn ausschließlich unterwiesene Personen (Akteure) darauf verkehren, mit Absturzsicherungen (mindestens Absturzkanten erkennbar markiert) ausgestattet sein. Wird die Podestfläche allerdings von Publikum betreten gelten hier andere Vorgaben. Die Bühnenkanten müssen in diesem Fall mit entsprechend konfigurierten Geländer ausgestattet sein. Diese Geländer müssen einer horizontalen Anpralllast von 2kN pro Laufmeter standhalten! Hier gibt es weitere Punkte.
Aufhängungen von Traversen (BGV-C1/DGUV V17)
Es gibt immer noch Leichtsinnige, die Traversen mit PKW Spanngurten aufhängen, und dann noch nicht einmal Stahlseile zur zusätzlichen Sicherung verwenden.
Fakt ist: Aufhängungen von Traversen müssen temperaturstabil sein, oder brauchen zumindest eine temperaturstabile Sicherung (Stahlseil oder Stahlkette, bemessen mit den vorgeschriebenen Sicherheitsfaktoren). Spanngurte haben keine vernünftige Endverbindung, sie werden auch mit geringeren Sicherheitsfaktoren gerechnet, und es handelt sich schon gar nicht um eine bestimmungsgemäße Verwendung.
(siehe Etikett am jeweiligen Gurt!: Nur für den angegebenen Zweck verwenden. Nicht zum Heben von Lasten geeignet.)
Sicherungsseile (BGV-C1/DGUV V17)
Werden Scheinwerfer oder Lautsprecher mit lösbaren Verbindungen aufgehängt, dann benötigen sie eine zweite, unabhängige Verbindung (Sekundärsicherung) , üblicherweise ein entsprechend dimensioniertes Sicherungsseil (BGI810-3).
Prüfungen (BGV-C1/DGUV V17, BGV-A3/DGUV V3)
Alle Traversentower, Montagelifte, Hand- und Elektrokettenzüge müssen jährlich durch einen Sachkundigen geprüft werden. Alle vier Jahre sind diese Prüfungen durch einen Sachverständigen auszuführen.
Alle Prüfungen müssen dokumentiert sein. Ein Prüfbericht ist mitzuführen und auf Verlangen vorzulegen. Desweiteren sollten alle elektrischen Betriebsmittel und Geräte eine gültige BGV-A3 Prüfung aufweisen.
Leitungslängen (VDE)
Die Wirksamkeit des Kurzschluss-Schutzes über Leitungsschutzschalter hängt maßgeblich vom Leitungswiderstand und somit von der Leitungslänge sowie vom Leitungsquerschnitt ab. Je nach Stärke und Auslösecharakteristik der Sicherung sowie des verwendeten Leitungsquerschnitts sind maximale Leitungslängen vorgeschrieben.
Fehlerstromschalter
Die mobilen Stromverteilungen der technischen Dienstleister müssen im Regelfall mit 30mA-Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD-Schutzschalter, FI) ausgestattet sein. Diese sorgen im Fehlerfall für eine schnellere Abschaltung als Leitungsschutzschalter und sind in manchen Fällen lebensrettend.
Schutzleiter
Es gibt leider immer noch Leichtsinnige, die zur Behebung einer Brummschleife den Schutzleiter auftrennen. Eine solche Vorgehensweise ist sehr gefährlich und entgegen den einschlägigen Bestimmungen nicht zulässig. Näheres siehe VDE 0100.
Potentialausgleich
Grundlegend sind alle Konstruktionen die in greifbarer Nähe zu Darsteller, Publikum oder Besucher gestellt werden mit einem entsprechenden Potentialausgleich zu versehen.
Brandgefahr
Hitze entwickelnde Geräte (vor allem Scheinwerfer) benötigen einen entsprechenden Mindestabstand zu Dekorationsteilen. Dekorationsteile und ähnliches müssen wenigstens schwer entflammbar sein (Details siehe §33 sowie §3 MVStättV).
Die Brandklassen werden in DIN EN 13501-1 spezifiziert. Alle Aufbauten müssen stets sauber gehalten werden, da auch Schmutz (Staub, Rückstände von Nebelfluid...) eine Brandgefahr darstellt.
Vorhänge müssen den Bestimmungen nach DIN4102 in B1 ausgeführt sein. Ein entsprechender Nachweis ist zu führen und auf Verlangen vorzulegen.
Gefährdungsbeurteilung
Für jede Veranstaltung ist bezogen auf die Veranstaltungsstätte, das geplante Programm und die einzubringende Technik im Vorfeld eine Gefährdungsbeurteilung zu erstellen und daraus entsprechende Maßnahmen abzuleiten. Alle mitwirkenden Personen müssen über die speziellen Gefahren informiert und unterwiesen werden.
Weiterführende Informationen
In dieser Ausführung sind nur ein Bruchteil der Dinge aufgeführt die bei einer Veranstaltung zu beachten sind. Über folgende Webseiten erhalten Sie kostenlos weitere Informationen:
Deutsche Theatertechnische Gesellschaft (DTHG)
Unter https://foren.dthgserver.de/ finden Sie einen direkten Weg zum Forum. Hier sind viele Inhalte verfügbar.
Verwaltungsberufsgenossenschaft (VBG)
Unter http://www.vbg.de/DE/3_Praevention_und_Arbeitshilfen/1_Branchen/10_Buehnen_und_Studios/Buehnen_und_Studios_node.html können Sie nach den Veröffentlichungen der Berufsgenossenschaft
suchen. Insbesondere sind relevant:
- DGUV-V1 (Grundsätze der Prävention, vormals BGV-A1)
- DGUV-V3 (Elektrische Anlagen und Betriebsmittel, vormals BGV A3)
- DGUV-V17/DGUV-V18 (Veranstaltungs- und Produktionsstätten für szenische Darstellungen, vormals BGV C1)
- DGUV-V38 (Unfallverhütungsvorschriften Bauarbeiten, vormals BGV C22)
- BGI810 (Sicherheit bei Produktionen und Veranstaltungen)
- BGI812 (Pyrotechnik, Nebel und andere szenische Effekte)
- BGI810-3 (Bereitstellung und Benutzung von Sicherungsseilen und –ketten , Lasten über Personen)
- DGUV-V54 (Winden, Hub- und Zuggeräte, vormals BGV D8)
Bei der Berufsgenossenschaft ist auch die CD Bühnen und Studios erhältlich, auf der die einschlägigen Gesetze sowie die berufsgenossenschaftlichen Vorschriften und Informationen zusammengefasst sind.
Gemeindeunfallversicherungsverband
Unter http://www.guvh.de/downloads/Sicherheit_in_Schulaulen.pdf können Sie Informationen zu Hilfestellung für die Unternehmen
zur Umsetzung von Leitung und Aufsicht in Veranstaltungsstätten entnehmen.
Gesetzestexte
Die relevanten Gesetzestexte finden Sie auf der Seite www.bundesrecht.juris.de/bundesrecht/BMA_index.html.
Insbesondere sind relevant:
- Arbeitsschutzgesetz - ArbSchG
- Arbeitssicherheitsgesetz - ASiG
- Arbeitszeitgesetz - ArbZG
- Arbeitsstättenverordnung – ArbStättV
- Arbeitsstätten-Richtlinien und Regeln - ASR
- Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz
- Betriebssicherheitsverordnung – BetrSichV
- auf Baustellen - BaustellV
- Infektionsschutzgesetz - IFSG
- Hygieneverordnungen
Versammlungsstättenverordnung
Die Versammlungsstättenverordnung wird nach Landesrecht erlassen. Als Grundlage dient die Musterversammlungsstättenverordnung.
Die aktuelle Version der VStättVO des Saarlandes trat am 24.9.2008 in Kraft. Eine Neuauflage wurde durch Beschluss der Fachkommission
Bauaufsicht im Juli 2014 notifiziert. Wann diese nach Landesrecht umgesetzt wird ist nicht absehbar, jedoch empfiehlt die
Fachkommission eine schnellstmögliche Umsetzung.
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